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ECMO bei ARDS – was sagt die neue S3-Leitlinie?

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Intensivmedizin
Ältere Patientin auf der Intensivstation mit einem ECMO-System zur extrakorporalen Membranoxygenierung am Krankenbett.
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Die neue S3-Leitlinie „Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz ist auf der Zielgeraden. Sie setzt klare Akzente: ECMO sollte bei schwerem ARDS nur nach Ausschöpfen konservativer Maßnahmen und Bauchlagerung erwogen werden. Zudem gibt es umfangreiche Strukturanforderungen für ECMO-Zentren, damit Versorgungsqualität statt Fallzahlen im Fokus steht. Wir haben die Schlüsselempfehlungen für Sie zusammengestellt.

 

Key Takeaways auf einen Blick

  • vvECMO sollte bei schwerem ARDS nur nach Ausschöpfen konservativer Maßnahmen, einschließlich Bauchlagerung erwogen werden.
  • Der Einsatz wird im Kontext individueller Therapieziele und Erfolgsaussichten diskutiert, nicht mehr als „Ultima Ratio“.
  • Die frühere Mindestanzahl an ECMO-Fällen pro Jahr entfällt. Der Fokus liegt nun auf umfassenden strukturellen Anforderungen, um sicherzustellen, dass Kliniken über die nötige Expertise und Infrastruktur verfügen. Kliniken sollten qualifiziertes Personal und eine Vielzahl an diagnostischen/interventionellen Verfahren bieten.

 

Kontextentscheidung statt Ultima Ratio

Während in der alten Leitlinie von 2017 die venovenöse extrakorporale Membranoxygenierung (vvECMO) noch als „Rescue-Therapie“ positioniert wurde, plädiert die Nachfolgerin für ein neues Verständnis: Ihr Einsatz sollte nur bei Patient:innen mit schwerem ARDS und therapierefraktärer Hypoxämie nach Ausschöpfen aller konservativen Therapiemaßnahmen in Erwägung gezogen werden, einschließlich der Bauchlagerung und bei fortbestehender schwerer Gasaustauschstörung. Damit wird ECMO nicht mehr ausschließlich als „Ultima Ratio/Retten um jeden Preis“ verstanden, sondern sollte immer im Kontext der individuellen Therapieziele und der Erfolgsaussichten diskutiert werden.

Der Empfehlungsgrad ist schwach, da trotz der potenziellen Vorteile der vvECMO kein genereller Nutzen für alle ARDS-Patienten nachgewiesen werden konnte. Die Anwendung dieses Verfahrens kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein, aber es fehlen noch Daten, um genau zu bestimmen, welche Patient*innen tatsächlich davon profitieren.

Die aktuellen internationalen Guidelines basieren auf derselben Evidenzlage, kommen jedoch zu unterschiedlichen Empfehlungen: Die europäische ESICM-Leitlinie spricht eine starke Empfehlung für den Einsatz der vvECMO nach den EOLIA-Kriterien aus. Die ATS-Leitlinie gibt eine bedingte, individualisierte Empfehlung für ausgewählte Patient*innen ab.

Umfassende Strukturanforderungen: Qualität statt Fallzahl

Die frühere Mindestanzahl von 20 ECMO-Anwendungen pro Jahr entfällt nun. Stattdessen wird, analog zu den ATS- und ESICM-Richtlinien, der Fokus auf Struktur gelegt.

Mit umfassenden Anforderungen soll sichergestellt werden, dass Kliniken die nötige Expertise und Infrastruktur bieten können, ohne dass Fehlanreize zur Erreichung einer Mindestfallzahl entstehen. Die Leitliniengruppe unterstreicht diese Notwendigkeit mit einem starken Empfehlungsgrad.

Zu den Erfordernissen gehören Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit qualifizierten medizinischen und pflegerischen Personals, eine Vielzahl an diagnostischen und interventionellen Verfahren sowie spezifische Fachdisziplinen wie Chirurgie, Pneumologie und Anästhesiologie. Zudem werden die kontinuierliche Weiterbildung und Betreuung des Fachpersonals sowie die Bereitstellung von Therapeuten und psychologischer Unterstützung betont. Die Strukturanforderungen sollen sich nach den Vorgaben der DIVI für „umfassende Versorgung“ richten.

Die Indikation zur ECMO-Therapie sollte in enger Abstimmung mit einem erfahrenen ARDS/ECMO-Zentrum gestellt werden, das die o.g. Strukturvoraussetzungen erfüllt, und Patient:innen sollten auch ausschließlich in solchen Zentren behandelt werden. Zudem empfiehlt die Leitliniengruppe die Etablierung regionaler und überregionaler ECMO-Netzwerke, um die Versorgung von ARDS-Patient:innen zu verbessern.

Quelle:

S3-Leitlinie „Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz“, Version 2.0, AWMF-Reg. Nr. 001-021 (abgerufen am 18.2.25)